Eine Vorschau auf die 7. Bucerius-Herbsttagung

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Die 7. Herbsttagung des Center on the Legal Profession (CLP) an der Bucerius Law School findet am 17.11.2017 in Hamburg statt – seit Jahren ein Pflichttermin im Kalender von Wirtschaftsanwälten und Unternehmensvertretern. „Disruption? Opportunity! – Chancen des digitalen Wandels ergreifen“, das ist das Motto der diesjährigen Veranstaltung. Der Deutsche AnwaltSpiegel begleitet die Herbsttagung seit dem Start als Medienpartner. Thomas Wegerich sprach mit den beiden CLP-Direktoren Markus Hartung und Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt.

Deutscher AnwaltSpiegel: Vor zehn Jahren prophezeite man ­Anwälten das Aussterben ihrer Profession. Diese ­Befürchtung ist vertagt. Aber was fürchten Anwälte und ­Kanzleien eigentlich heute: Die Bedrohung durch die Digitalisierung? Oder nur die Disruption ihres ­traditio­nellen Geschäftsmodells?

Hartung: Tatsächlich sind Anwälte besorgt, wenn es um Technologie geht – um genau zu sein: Gut 46% der Anwälte erwarten nach einer Umfrage des Soldan-Instituts von der Technik nichts Gutes, sondern glauben, Technik stärke die Konkurrenten, nämlich die nicht-anwaltlichen Anbieter, die Legal-Tech-Unternehmen. Vermutlich kommt der Rest zu unseren Konferenzen: Denn seit wir im Jahr 2013 angefangen haben, über Innovationen und Technologie zu arbeiten, haben wir auf den Herbsttagungen die Teilnehmer mit auf eine Reise genommen, um ihnen die Sorge vor Technik zu nehmen. Heute befassen wir uns, fast gelassen, mit operationalen Risiken von neuer Technologie – Cybersecurity ist das Stichwort. Weiterhin eröffnet aber die digitale Transformation große Chancen für Unternehmen und natürlich auch für anwaltliche Unternehmen, die heute Projekte durchführen können, die früher niemals denkbar waren. Hier zeigen wir Beispiele und bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, aus erster Hand kennenzulernen, wie man Technologie nicht nur „irgendwie bewältigt“, sondern für das Unternehmen gewinnbringend einsetzt. Dabei glauben wir nicht, dass wir zum sorglosen Umgang mit Technik aufrufen, im Gegenteil. Aber man muss sich damit proaktiv befassen, nicht verzagt verharren und abwarten, was da kommen mag.

Deutscher AnwaltSpiegel: Der Einsatz von Legal Technology befähigt Unternehmensrechtsabteilungen, einen größeren Teil der Wertschöpfung inhouse durchzuführen. Welche Dienstleistungen werden Mandanten in Zukunft von Kanzleien einkaufen?

Hohenstatt: Dass Teile der Wertschöpfung durch moderne Technologien ersetzt werden, ist unvermeidlich – und auch gut so. Alles andere hieße Stillstand. In welchem Umfang diese Technologien tatsächlich inhouse eingesetzt werden, steht noch nicht fest. Für immer wiederkehrende Prozesse werden die Mandanten sicherlich eigene Lösungen entwickeln wollen. Bei Ad-hoc-Beratungsbedarf sieht es anders aus: In einer Unternehmenskrise oder bei großen Investigations wird man vermutlich eher darauf bauen, dass die Sozietäten – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Legal-Tech-Providern – innovative und effiziente Angebote machen. Die Glaubwürdigkeit solcher Angebote wird zukünftig ein wesentlicher Faktor für die Auswahl der Anwaltskanzlei darstellen.

Den Anwälten verbleibt die „eigentliche“ Beratungsleistung, insbesondere die strategische Beratung, die juristische Innovation und vermutlich das Projektmanagement in ausgewählten Bereichen. Diese Fokussierung wird mehr Partnerressourcen erfordern und dem sogenannten Gearing engere Grenzen setzen als heute. Dies wird Auswirkungen auf die Struktur der Kanzleien haben, aber insbesondere auch auf die Honorierung der Anwälte. Die Abrechnung nach Stunden wird aus der Mode kommen. Wir können schon heute erkennen, dass Projekte zunehmend zu Festpreisen vergeben werden.

Deutscher AnwaltSpiegel: Wie arbeiten wir dann in der Zukunft? Mit dem Roboter Hand in Hand? Oder wann können Anwälte wieder den Roboter ersetzen?

Hartung: Wir arbeiten ja heute schon mit der Technik Hand in Hand, oder anders gesagt: mit der Technik in der Hand. Als Steve Jobs im Januar 2007 das erste iPhone präsentierte und behauptete, „Apple has reinvented the phone“, hätte niemand gedacht, dass wir ein solches Gerät heute kaum mehr aus der Hand legen, und zwar auch nicht im Arbeitszusammenhang. Weiterhin arbeiten wir wie selbstverständlich den ganzen Tag vor dem Computer und gewöhnen uns an neue Applikationen. Wir werden erleben, dass Technologie bis in den Kern unserer Tätigkeit eindringen wird, zu Beginn vermutlich unbeholfen. Aber Software lernt dazu. Und der „Kollege Roboter“: Das ist eher ein schönes oder schreckliches Bild, je nach Geschmack. Tatsächlich werden wir mit Software deutlich mehr und bequemer kommunizieren, als wir das heute gewöhnt sind. Das wird unsere Arbeit fast immer verbessern. Werden Anwälte ersetzt? Nein. Werden Tätigkeiten, die Anwälte heute erledigen, ersetzt? Ja, natürlich! Aber dafür kommen neue Tätigkeiten, der Arbeitsbereich von Anwälten wird sich ändern. Wäre auch nicht das erste Mal in unserem Leben. Wir sollten uns nicht in Sorgen verlieren, sondern vernünftig damit umgehen und es gestalten.

Deutscher AnwaltSpiegel: Herr Hartung, Herr Hohenstatt, vielen Dank für diese Einblicke.

Mehr Informationen zur Veranstaltung gibt es HIER.

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