10. Leadership Kolloquium der Deutschen Gesellschaft für Professional Service Firms
Von Christian Pothe
Einleitung
Am 26.09.2014 fand der Tag der Professional Service Firms (PSFs) im Grandhotel Schloss Bensberg bei Köln statt, ausgerichtet von der Deutschen Gesellschaft für Professional Service Firms (DGPSF e.V.). Den Start markierte am Vormittag traditionell die Jahreshauptversammlung der Vereinsmitglieder. Dabei fiel der Rückblick auf 2014 überaus positiv aus, insbesondere weil zwei neue Konferenzformen etabliert werden konnten, zum einen der HR-Gipfel an der EBS Law School und zum anderen der IT-Circle an der Bucerius Law School.
Zielsetzungen der DGPSF
Auch für 2015 hat sich der Verein viel vorgenommen. So übernimmt die DGPSF unter anderem das jährliche Leadership Kolloquium von der Firma AWUS. Außerdem wird der Verein mit einem neuen Vorsitzenden in das nächste Jahr starten: Der bisherige Vizepräsident Stefan Rizor wurde von den Mitgliedern einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt und löst damit Dieter Baumert ab, der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegen musste. Dies gab den Anwesenden die Gelegenheit, die Verdienste von Dieter Baumert um den Verein sowie seine langjährige Arbeit bei der Entwicklung von Professional Service Firms in Deutschland ausgiebig zu würdigen.
Stefan Rizor übernahm dann auch bereits die Moderation des anschließenden Leadership Kolloquiums, das unter der Überschrift „Die zweite Revolution auf dem Sektor der Professional Service Firms“ stand. Schon der Untertitel „Die Zukunft in der Beratung, wer wird überleben? Die neue Berufsunordnung für Berater“ machte deutlich, dass es im Beratermarkt aufgrund der anstehenden Veränderungen für manche zukünftig um nichts Geringeres als die nackte Existenz gehen wird. Glücklicherweise hatten die Referenten des Tages jedoch vielfältige Analysen und Handlungsvorschläge parat, die bei Beachtung dazu führen werden, dass die diesjährige, zehnte Auflage des Leadership Kolloquiums für die Teilnehmer nicht zur letzten wird.
Disruptive Innovation …
Der erste Redner war Markus Hartung, der die Anwesenden mit der Frage konfrontierte: „Steht der Rechtsmarkt vor einer disruptiven Innovation, oder befindet er sich schon mittendrin?“ Von den Weltuntergangspropheten im Fahrwasser von Süsskind schlug er den Bogen zur deutlich näherliegenden Sustaining Innovation und zeigte auf, wie sich der Rechtsmarkt im Zuge der Sequentialisierung anwaltlicher Dienstleistungen in den nächsten Jahren verändern wird. Wie sich die Kanzleien strukturell darauf einstellen müssen, hängt nach Hartung ganz entscheidend davon ab, wie sie positioniert sind: „High-end legal advice will remain the turf of big law“.
… und Dinosaurier?
Anschließend widmete sich Wolfgang Richter dem Thema „Große MDP-Kanzleien – Dinosaurier oder Zukunftsmodell?“. Zwar hat die jüngste Entwicklung dazu geführt, dass die Wallstreet-Kanzleien aus Deutschland verschwunden sind und die multidisziplinären Praxen eine Renaissance erlebt haben, aber ob Letzteres auch von Dauer sein wird, bleibt fraglich. Richter, der früher bei Ernst & Young arbeitete und mittlerweile Partner bei Baker Tilly Rölfs ist, geht jedenfalls davon aus, dass bis zu zehn der Top-25-Sozietäten der Lünendonk-Liste in den nächsten Jahren vom Markt verschwinden werden. Für ihn sind dies Dinosaurier mit einem überholten Geschäftsmodell. Die jeweiligen Gründe mögen vielfältig sein. In jedem Fall reicht es aber für ein Überleben zukünftig nicht mehr aus, nur noch Werkbank zu sein und keine echte Wertschöpfung zu bieten. Kein Zukunftsmodell ist danach beispielsweise die Jahresabschlussprüfung, ein starker internationaler Verbund ist laut Richter hingegen ein „Must“.
Die Unternehmenssicht: „Kundenversteher“ erwünscht
Für die Unternehmenssicht auf die Berater stand in diesem Kolloquium Peter Nägele. Als langjähriger General Counsel Energy Sector & Regions North America and Middle East von Siemens schilderte er unter der Headline „Was Mandanten wirklich wollen“, wie dicht Kanzleien mittlerweile an ihre Kunden herangerückt sind. Früher, als Nägele noch bei Mayer Brown und Clifford Chance selbst auf der Anbieterseite anwaltlicher Dienstleistungen tätig war, ist die Distanz noch deutlich größer gewesen. Heute taucht der Anwalt dagegen tief in das Geschäft des Mandanten ein, versteht die Unternehmenskultur bis in feinste Nuancen und beachtet die politischen Implikationen. Dementsprechend gestaltet der Berater seine eigene Rolle. Ein nicht unbedeutender Schritt auf dem Weg zum Kundenversteher kann übrigens – und das nicht nur nach Ansicht von Nägele – ein professionelles Secondment-Programm sein.
Im Anschluss daran stellten Paul Bavelaar und Wolfgang Horn ein deutsch-niederländisches Modell für Kooperationen zwischen Professionals vor. Bavelaar verabschiedet sich insoweit von der Struktur der traditionellen Großkanzlei, da sich in dieser nach seiner Ansicht die Differenzen zwischen den Umsätzen der einzelnen Partner in einer für sein Geschäftsmodell viel zu engen Bandbreite bewegen müssen. Interessant waren an diesem Vortrag auch die Sicht von Bavelaar auf die Persönlichkeitsstruktur der jungen niederländischer Anwälte und seine Exkurse über den dortigen Markt der Wirtschaftskanzleien sowie den speziellen Weg in den Anwaltsberuf.
Dieser Weg führt nach dem Studium zunächst in eine dreijährige Ausbildungszeit, die unter der Aufsicht eines erfahrenen Anwalts, Patroon genannt, abgeleistet werden muss. Wenn man keinen solchen Patroon findet, kann man auch nicht Anwalt werden, und wenn man ihn findet, ist man sich eng und langfristig verbunden. Am Ende der dreijährigen Ausbildungszeit wird der fertige Anwalt nämlich regelmäßig von seinem Ausbilder übernommen, dann aber durchschnittlich weitere sechs Jahre als Associate, in der Landessprache als „Medewerker“ bezeichnet, angestellt, bevor er den Partnerstatus erreicht.
Die „Lizenz zum Denken“
Den Abschluss des Kolloquiums gestaltete Detlef Bleise mit seiner „Lizenz zum Denken“. Er schilderte, wie ein zu stark auf funktionale Effizienz ausgerichtetes Denken zu einem „organisatorischen Autismus“ innerhalb eines Unternehmens führt und welche Potentiale sich eröffnen können, wenn man diese Struktur aufbricht. Wertschöpfungspotentiale liegen danach vor allem in der integrierenden und gestaltenden Denkarbeit für eine neue Prozessklasse, von Bleise als Hebelprozesse bezeichnet. Wie dies alles zu neuen Geistesblitzen und zu einem antifragilen Denkvermögen der Mitarbeiter führen kann, wodurch auch noch das Ergebnis positiv beeinflusst wird, ist sicherlich auch für die Manager von PSFs zukünftig von Bedeutung.
Verleihung des Management-Taktstocks
Nach Bleises Vortrag ging der Tag der PSFs dann langsam in die lange Nacht der PSFs über. Nicht ohne Grund findet das Leadership Kolloquium nämlich seit zehn Jahren immer an einem Freitag statt. Auch dieses Mal folgte auf das Kolloquium ein abendliches Galadinner im Schloss, und auch dieses Mal wurde im Rahmen des Dinners der „Ehrenpreis für besondere Leistungen in Leadership und Management von Professional Service Firms“ verliehen. Die Besonderheit dieser Auszeichnung besteht darin, dass der Preisträger selbst für die Auswahl seines Nachfolgers zuständig ist, und so war es an Bernd Rödl, den Preisträger des Jahres 2014 zu benennen.
Rödls Wahl fiel auf Franz-Josef Wernze, den Gründer und Vorstand von ETL European Tax & Law. Wernzes ETL-Gruppe ist heute allein in Deutschland mit über 700 Kanzleien und inzwischen auch international in über 30 Ländern vertreten. Bundesweit sieht sich ETL als ein Marktführer in der Steuerberatung und bewegt sich mit einem Umsatz von über 550 Millionen Euro unter den Top 5 der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften. 6.600 Mitarbeiter in ganz Deutschland – darunter mehr als 1.200 Steuerberater und Rechtsanwälte, aber auch Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater – und mehrere Hunderttausend Mandanten sprechen eine deutliche Sprache.
In der Laudatio, die von Marcus Felsner, einem der geschäftsführender Partner der Sozietät Rödl & Partner, gehalten wurde, blieb es auch nicht im Unklaren, was den aktuellen und den letztjährigen Preisträger verbindet. Es ist das ausgeprägte unternehmerische Gen. „Franz-Josef Wernze“, so Felsner, „ist kein in Ehren ergrautes Mitglied einer traditionsverliebten Honoratiorenschaft, Autor bedeutender Fachliteratur, verehrter Berufskollege und ehrwürdiger Stammvater einer ganzen Schule von Experten, der die Rechtsprechung des BFH in grundlegender Weise beeinflusst hätte. Nein, es macht ihm offenbar geradezu diebische Freude, einem solchen Bild kraftvoll entgegenzutreten, wo er nur kann, und sich mit Sätzen zitieren zu lassen wie: ‚Steuerberatung kann ja jeder‘. Neue Ideen treiben ihn um, wie das Geschäft noch erfolgreicher, noch effizienter und innovativer werden kann. Und wenn er, der scheinbar alles erreicht hat, nach Zielen gefragt wird, malt er statt einer Antwort nur ein Kuchendiagramm und eine Zahl aufs Papier: 1,2%, der aktuelle Marktanteil der ETL-Gruppe am gesamten Steuerberatungsmarkt in Deutschland. Und dann grinst er einen an und sagt: ‚10% wären doch ein schönes Ziel‘.“
Verkörpert wird der verliehene Ehrenpreis durch den sogenannten Management-Taktstock, ein von dem Berliner Künstler Philipp Heinisch gestaltetes Kunstwerk. Diesen Taktstock erhielt Franz-Josef Wernze aus der Hand des Vorsitzenden der DGPSF, Stefan Rizor, flankiert durch den Laudator, den Künstler selbst sowie Holger Marggraf, den Vorstand der STP Informationstechnologie AG, die diesen Preis seit seiner ersten Verleihung sponsert. In seiner Dankesrede war sich Wernze trotz seiner großen Freude bereits der Verantwortung bei der Auswahl des Preisträgers für das kommende Jahr bewusst. Wann 2015 der Tag der Professional Service Firms stattfinden wird, muss allerdings noch festgelegt werden. Sicher ist aber schon jetzt der Ort: das Grandhotel Schloss Bensberg.
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