Wem droht wann und wie lange ein Eintrag in die „schwarze Liste“?

Von Dr. Sebastian Jungermann

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Am 01.06.2017 hat der Bundestag die Einführung des Wettbewerbsregisters beschlossen. Anlass für das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) war das im April 2016 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts, mit dem auch die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität verbessert werden soll. Das Wettbewerbsregister soll dafür sorgen, dass die Gründe, die für einen Ausschluss von einem Vergabeverfahren maßgeblich sind, für einen öffentlichen Auftraggeber auch erkennbar sind.

Nach Verkündung des WRegG ist noch eine Rechtsverordnung zu erlassen, in der die Einzelheiten der Datenübermittlung an das Register und der Abruf der öffentlichen Auftraggeber geregelt werden. Ferner müssen praktische und technische Voraussetzungen geschaffen werden, so dass das Bundeskartellamt voraussichtlich 2019 oder 2020 mit dem Wettbewerbsregister online gehen kann.

Hintergrund und bisherige Praxis

Schwarze Listen oder Korruptionsregister sind nicht neu, bislang gab es diese aber nur in neun von 16 Bundesländern auf Landesebene. Die bisherigen Korruptionsregister folgen unterschiedlichsten Regeln und umfassen meist nur Delikte, die in dem jeweiligen Bundesland begangen wurden, und verpflichten in der Regel nur öffentliche Auftraggeber aus den betroffenen Ländern.

Das Korruptionsregister auf Bundesebene soll den öffentlichen Auftraggebern die Arbeit im Vergabeverfahren erleichtern. Zukünftig sollen hier Unternehmen eingetragen werden, zu denen Erkenntnisse über ihnen zuzurechnende Straftaten oder andere schwerwiegende Rechtsverstöße vorliegen, die zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen könnten. Das Bundeskartellamt als registerführende Stelle soll die Informationen von den Strafverfolgungsbehörden und den Behörden des Bundes und der Länder erhalten, die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig sind. Die bislang obligatorische Abfragepflicht nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und dem Mindestlohngesetz wird durch die Abfrage des Wettbewerbsregisters ersetzt. Die Abfrage wird elektronisch im automatisierten Abrufverfahren erfolgen.

Sofern eine Eintragung im Wettbewerbsregister vorliegt, entscheiden die öffentlichen Auftraggeber nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung.

Zwingende und fakultative Ausschlussgründe

Im April 2016 wurden mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts verschiedene EU-Vergaberichtlinien umgesetzt. Damit wurden auch erstmals zwingende und fakultative Ausschlussgründe normiert. Einen Ausschluss vom Vergabeverfahren können betroffene Unternehmen durch den Nachweis von Selbstreinigungsmaßnahmen verhindern.

Sofern ein zwingender Ausschlussgrund nach § 123 GWB vorliegt, ist das betroffene Unternehmen vom Vergabeverfahren auszuschließen, in diesen Fällen steht dem öffentlichen Auftraggeber kein Ermessen zu. Zu den Katalogstraftaten des § 123 GWB zählen neben der Geldwäsche und dem Betrug zu Lasten des Haushalts der Europäischen Union auch die Korruptionsdelikte des StGB. Nach § 123 Abs. 3 GWB ist das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat. Hierzu gehören auch die Überwachung der Geschäftsführung und die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung, so dass grundsätzlich Geschäfts­führer, Vorstände, Aufsichtsratsmitglieder, Prokuristen oder sonstige Bevollmächtigte in Betracht kommen können.

Der kartellrechtliche Straftatbestand des Submissionsbetrugs gem. § 298 StGB fehlt im Katalog des § 123 GWB, so dass ein solcher Eintrag einen fakultativen Ausschlussgrund im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB darstellt.

Eintragungsvoraussetzungen

Die in dem Wettbewerbsregister gespeicherten Daten sind vertraulich (§ 3 Abs. 3 WRegG). Für die Eintragung in das Wettbewerbsregister sind sowohl rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen oder Strafbefehle als auch bestandskräftige Bußgeldentscheidungen wegen bestimmter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten vorgesehen. Gemäß § 2 Abs. 1 WRegG sind dies zunächst die Katalogtaten des § 123 GWB, hinzu kommen insbesondere Submissionsabsprache, Steuerhinterziehung und weitere Spezialtatbestände aus dem Katalog des § 2 WRegG. Eingetragen werden ferner solche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten natürlicher Personen, die einem Unternehmen zugerechnet werden können. Nach § 2 Abs. 3 WRegG ist das der Fall, wenn die verurteilte natürliche Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung und die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehören. Einzutragen sind nicht nur die Katalogtaten des § 123 GWB, sondern auch andere Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten, die nach § 124 GWB zum Ausschluss einer Beteiligung führen könnten.

Für Kartellsachverhalte ist in § 2 Abs. 2 WRegG geregelt, dass auch nicht rechtskräftige Bußgeldentscheidungen eingetragen werden, sofern eine Geldbuße von wenigstens 50.000 Euro festgesetzt worden ist. Die bloße Durchführung von kartellbehördlichen Ermittlungsmaßnahmen reicht nicht aus. Andererseits bedarf es aber auch keiner rechtskräftigen Bußgeldentscheidung, ein Rechtsmittelverfahren ist demnach unbeachtlich.

Eintragungsdauer und Selbstreinigungsmaßnahmen

In Anlehnung an § 126 GWB wird in § 7 Abs. 1 WRegG die zulässige Höchstdauer für Eintragungen geregelt. Eintragungen wegen besonders schwerwiegender Verfehlungen, insbesondere solcher aus dem Katalog des § 123 GWB, sollen nach fünf Jahren gelöscht werden. Alle anderen Eintragungen, auch solche wegen Kartellverstößen, sollen nach drei Jahren ab dem Tag der Bestandskraft gelöscht werden.

Ergänzend zu § 125 GWB sieht § 8 WRegG die Möglichkeit der sogenannten Selbstreinigung und eine Löschung vor. Durch Maßnahmen dieser Art kann ein Unternehmen seine Integrität wieder herstellen und die Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Zukunft verhindern. Sobald ein Unternehmen ausreichende Selbstreinigungsmaßnahmen nachweist, kann es einen Ausschluss von der Vergabe vermeiden. Nötig sind hierfür der Nachweis von adäquaten Maßnahmen, die etwa durch externe Anwälte beschrieben und nachgewiesen werden können, sowie eine darauf basierende positive Prognose des öffentlichen Auftraggebers, dass sich ein Fehlverhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft nicht wiederholen wird. Maßnahmen dieser Art können gemäß § 125 Abs. 1 GWB der Ausgleich eines etwaigen Schadens, die aktive Zusammenarbeit mit den Behörden im Zuge der Ermittlungen des Fehlverhaltens und die Durchführung technischer, organisatorischer und/oder personeller Änderungen sein.

Fazit

Das Thema Compliance rückt mit der Einführung des bundesweiten Wettbewerbsregisters nochmals weiter in den Vordergrund. Sehr kritisch zu beurteilen ist der Umstand, dass es im Kartellrecht auf eine Rechtskraft des Bußgeldbescheids nicht ankommen soll. Bedenkt man die teils jahrelangen Rechtsmittelverfahren, sind zu Unrecht bebußte Unternehmen mitunter in ihrer Existenz bedroht. Im Rahmen einer Selbstreinigung dürfen insbesondere an die Voraussetzung einer Entschädigung etwaiger Kartellopfer aufgrund der mit einer Schadensberechnung verbundenen Schwierigkeiten keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Positiv anzumerken ist, dass Complianceanstrengungen im Rahmen der Selbstreinigung tatsächlich Beachtung finden müssen. Die Etablierung eines angemessenen und robusten Compliancemanagementsystems kann zur Löschung aus der „schwarzen Liste“ führen. Es bleibt zu hoffen, dass die Anforderungen der Behörden und Gerichte, insbesondere auch der Kartellbehörden, wie genau ein effektives Compliancemanagementsystem auszugestalten ist, keine weiteren Hürden für die betroffenen Unternehmen aufbauen werden.

Sebastian.Jungermann@apks.com

 

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