Bundesregierung setzt EU-Angleichung der Handelsregister um – Fragezeichen bleiben
Von Johannes R. Jeep
Auf der Grundlage der Richtlinie 2012/17/EU wird jetzt mit einem Gesetzentwurf (18/2137) die Verknüpfung von Handelsregistern (sowie Zentral- und Gesellschaftsregistern) in EU-Europa vorbereitet. Die Richtlinie dient der Verbesserung des grenzüberschreitenden Zugangs zu Unternehmensinformationen. Dem liegen drei Säulen zugrunde: die Register der Mitgliedstaaten, die Zentrale Europäische Plattform und das Europäische Justizportal. Dieses System der Registervernetzung ändert das HGB.
Regelungsgegenstand
Die mit der Richtlinie geplante Verknüpfung legt die genauen Kanäle für die Kommunikation zwischen den nationalen Registern über eine Zentrale Europäische Plattform fest. Unter anderem wird ein in allen Amtssprachen laufender Suchservice eingerichtet, der auch über den Umfang der Rechtsverbindlichkeit der angebotenen Unternehmensinformationen unterrichtet. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Registerveränderungen innerhalb von 21 Tagen zu publizieren. Um eine Interoperabilität der verschiedenen Register und Säulen zu gewährleisten, wird zudem eine einheitliche europäische Kennung für Kapitalgesellschaften eingeführt. Die Umsetzung zur Schaffung der Interoperabilität erfolgt im HGB und aufgrund einer weitreichenden Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung. Denn die technischen Einzelheiten des erweiterten Europäischen Justizportals und der Zentralen Europäischen Plattform werden erst in späteren Durchführungsrechtsakten der EU festgelegt. Insbesondere sollen dann im Verordnungsweg der Umfang der Mitteilungspflicht zwischen Registern und die Einzelheiten des Datenverkehrs geregelt werden.
Die Richtlinie baut auf einem mehrjährigen Aktionsplan 2009–2013 für die europäische E-Justiz auf. Dieses unter www.eur-lex.europa.eu laufende Portal versteht sich als europäischer Zugangspunkt zu rechtlichen Informationen, Normen, Justiz- und Verwaltungsorganen einschließlich Registern und Datenbanken.
Zur Erinnerung: Registererfassung und Publizität kennt das HGB seit 1897. Ein erster Eingriff in das deutsche Recht war 1968 die auf Kapitalgesellschaften bezogene sogenannte Publizitätsrichtlinie. Diese bezweckte eine Koordinierung gleichwertiger Schutzbestimmungen für Gesellschafter und den Rechtsverkehr. Der deutsche Gesetzgeber bezog in die Umsetzung überschießend auch Personengesellschaften ein. Diese Praxis wurde bei der nachfolgenden Richtlinie und dem hierauf beruhenden Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) 2006 beibehalten. Dessen Ziel war, jedenfalls ab 2007 alle über den handelsregisterlichen Kernbestand hinausgehenden weiteren Informationen im Unternehmensregister elektronisch zu erfassen und zugänglich zu machen. Schließlich wurden auf der Grundlage der zweiten Niederlassungsrichtlinie Vorschriften in das HGB eingefügt, um die Offenlegung bezüglich EU-grenzüberschreitender Zweigniederlassungen sicherzustellen.
Geplanter Regelungsinhalt
Nach dem Registerverknüpfungsgesetz soll das künftige europäische System der Registervernetzung von einem fortentwickelten Europäischen Justizportal, das öffentlich zugänglich ist, der nichtöffentlichen Zentralen Europäischen Plattform zum Austausch von Unternehmensdaten für die registerführenden Stellen der Mitgliedstaaten und den nationalen Registern getragen werden. Inhaltlich geht es um Informationen zu Kapitalgesellschaften oder deren Zweigniederlassungen. Eine Ausweitung auf andere Rechtsformen kommt nicht zustande, weil das nicht für alle 28 Mitgliedstaaten kompatibel geregelt werden kann. Die Bundesregierung möchte sich für eine Ausdehnung einsetzen. Die Gesetzesbegründung preist es als Vorteil, dass auf der zu schaffenden europäischen Ebene mehrsprachige Informationen zu Kapitalgesellschaften zu finden sein werden, dass auf der nationalen Ebene weiterhin das Unternehmensregister adressiert werden kann und dass die örtlichen Rechtspflegeaufgaben über das Registerportal genutzt werden können. Die Landesjustizverwaltungen, die schon heute für die Einsichtgewährung bei den Handelsregistern zuständig sind, sollen die europäische Zugänglichmachung und der Bundesanzeiger die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen verantworten. Mit einer Indexdatenlieferung wird ein Zugang zu den nationalen Originaldatenbanken in Deutschland vermittelt, um das Entstehen einer Paralleldatenbank zu vermeiden.
Die erforderliche Interoperabilität setzt eine einheitliche europäische Kennung voraus, die den inländischen Kapitalgesellschaften sowie den EU-ausländischen Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften in Deutschland zugeordnet wird. Für die Handelsregisterverordnung ist eine Eintragung und Bekanntmachung von Registerveränderungen innerhalb von 21 Tagen vorgesehen.
Im Rahmen der Gesetzesfolgenbetrachtung wird für die Wirtschaft kein Erfüllungsaufwand gesehen. Für die Bundesjustizverwaltung soll nur geringer zusätzlicher Aufwand entstehen, denn der Betreiber des Unternehmensregisters – derzeit als Beliehene die Bundesanzeiger Verlag GmbH – hat die Daten der Rechnungslegungsunterlagen zugänglich zu machen. Es wird kein Mehrbedarf für den Bundeshaushalt angenommen. Der für die Ebene der Länder entstehende Erfüllungsaufwand wird als derzeit noch nicht konkret bezifferbar beschrieben.
Stellungnahme
Ein Register- und Publizitätssystem, das die in Deutschland weitverbreiteten und bedeutsamen Personengesellschaften nicht erfasst, wirft Fragen auf. Jedenfalls kann für dieses Territorium dann kein informativer Mehrgewinn entstehen. Auch für andere Länder droht bei ähnlichen Lücken eine nur unvollständige Datenlage. Außerdem ignoriert der Gesetzesvorschlag den unvermeidbaren Aufwand, den die Unternehmen zumindest dadurch haben werden, dass sie eine neue europäische Kennung erhalten und administrieren werden. Da es schließlich auch eine Reflexwirkung der veröffentlichten Daten geben wird, wird jedes Unternehmen seinen europäischen Datensatz zu prüfen haben. Auch ist damit zu rechnen, dass Datenerhebungen erfolgen werden, deren ordnungsgemäße Ausführung Ressourcen bindet. Dies alles ist, anders als vom Gesetzesvorschlag formuliert, nicht kostenlos. Es ist auch nicht denkbar, dass die Bundesanzeiger Verlag GmbH als Beliehene einer Vergrößerung ihrer Verantwortungen und Pflichten – es geht um einen gesicherten Zugriff auf und die nachfolgende Pflege hochfiligraner Datenkomplexe – ohne eine Erhöhung ihrer Vergütung Folge leisten kann. Den Aussagen zur Kostenfolge kann daher kein Glauben geschenkt werden. Das ist insgesamt für ein Gesetz und für die europäische Sache keine befriedigende Erkenntnis. Die Ermächtigungsgrundlage ist nicht hinreichend bestimmt, da eine Beschränkung der zu übermittelnden Daten und eine sichernde und den allgemeinen Datenfluss ordnende Leitplanke für die Abwicklung des Datenverkehrs nicht vorgesehen sind. Für Register- und Publizitätsaufgaben, die sich nun auf drei Ebenen verteilen, stellt das Gesetz insgesamt keine Verbesserung dar.
Die Richtliniengeber – Parlament und Rat – hatten am 13.06.2012 beschlossen, dass eine Umsetzung bis zum 07.07.2014 erfolgen möge. Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf zum Registerverknüpfungsgesetz, gegen den der Bundesrat keine Einwendungen erhebt, erst mit einer Verspätung am 17.07.2014 an den Deutschen Bundestag geschickt.