EuGH entscheidet für Netzfreiheit: „Framende“ Links können urheberrechtlich unbedenklich sein
Von Dr. Alexander R. Klett, LL.M., und Kathrin Schlüter, LL.M.

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In Zeiten des Internets ist das Setzen von Links auf Webseiten und in sozialen Netzwerken eine weitverbreitete Praxis, um auf einfache Art und Weise eine Verbindung zu anderen Inhalten herzustellen und auf diese aufmerksam zu machen. Nicht selten wird dabei auf urheberrechtlich geschützte Inhalte verlinkt, was die Rechteinhaber der geschützten Werke nicht immer goutieren.

Nachdem sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem „Svensson“-Urteil vom 13.02.2014 (Rs. C-466/12, abgedruckt in: GRUR 2014, 360) bereits mit der Frage der Zulässigkeit des Setzens von Hyperlinks beschäftigt hatte, befasste er sich kürzlich mit der Zulässigkeit von „framenden“ Links. In der am 21.10.2014 ergangenen „BestWater“-Entscheidung (Rs. C-348/13, abgedruckt in: GRUR 2014, 1196) bestätigte er, dass ein Webseitenbetreiber durch das Setzen eines „framenden Links“ unter bestimmten Voraussetzungen keine Urheberrechte verletzt. Mit dieser Entscheidung behält der EuGH die mit der „Svensson“-Entscheidung eingeschlagene Richtung bei, worüber sich viele Internetnutzer freuen werden.

Sachverhalt

Die Klägerin des Verfahrens, BestWater International, hatte zu Werbezwecken einen Film zum Thema Wasserverschmutzung hergestellt, an dem sie die ausschließlichen Nutzungsrechte innehatte. Dieser Film war auf der Videoplattform „YouTube“ abrufbar, dort jedoch ohne Zustimmung von BestWater eingestellt worden. Die Beklagten waren als selbständige Handelsvertreter für einen Wettbewerber der Klägerin tätig und ermöglichten den Besuchern ihrer Webseiten, den von der Klägerin hergestellten Film über einen Internetlink im Wege des sogenannten Framings abzurufen. Klickte der Nutzer auf den Link, so wurde der Film in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen (Frame) abgespielt, wodurch der Eindruck erweckt wurde, dass er von diesen Webseiten aus gezeigt werde. Hierin sah BestWater International eine Urheberrechtsverletzung und verlangte Unterlassung von den Beklagten.

Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage von BestWater statt. Das Berufungsgericht wies die Klageanträge hingegen teilweise ab.

Vorlagebeschluss des BGH zur Frage der Zulässigkeit des Framings

Obwohl der EuGH in seinem „Svensson“-Urteil bereits allgemeingültige Aussagen zur „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG im Zusammenhang mit dem Setzen von Links getroffen hatte, hat der BGH dem EuGH erneut eine Vorlagefrage zur Zulässigkeit des Setzens von Links gestellt (BGH, Beschluss vom 16.05.2013, Az. I ZR 46/12, abgedruckt in: GRUR 2013, 818). Er wollte geklärt haben, ob ein Einbetten eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten Videos in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstelle, auch wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben werde und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolge, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheide. Er rechtfertigte die Vorlage mit dem Unterschied zwischen einem Hyperlink, der Gegenstand des „Svensson“-Urteils war, und dem nun streitgegenständlichen „framenden“ Link. Unter einem „framenden“ Link ist ein solcher zu verstehen, bei dem das verlinkte Werk in einem Rahmen („Frame“) auf der Webseite erscheint, auf der sich der Link befindet. Im Unterschied dazu wird der Nutzer bei einem Hyperlink unmittelbar auf die Webseite weitergeleitet, auf der sich das verlinkte urheberrechtlich geschützte Werk befindet.

Das „Svensson“-Urteil des EuGH vom 13.02.2014, Rs. C-466/12

Bereits in seinem „Svensson“-Urteil hatte der EuGH ausgeführt, dass in dem Bereitstellen von anklickbaren Links zu Werken, die auf einer anderen Webseite frei zugänglich sind, keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zu sehen sei. Eine Wiedergabe, die dieselben Werke umfasse wie die ursprüngliche Wiedergabe und wie diese im Internet, also nach demselben technischen Verfahren, erfolge, falle nach ständiger Rechtsprechung nur dann unter den Begriff der öffentlichen Wiedergabe, wenn sie sich an ein neues Publikum richte, das heißt an ein Publikum, das die Inhaber des Urheberrechts nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Da im „Svensson“-Fall die Urheber den Zugang zu ihren Werken auf ihren Internetseiten nicht beschränkt hatten, erachtete der EuGH diese als für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich. Für die öffentliche Wiedergabe durch Setzen eines Links war daher mangels neuen Publikums keine Erlaubnis der Rechteinhaber erforderlich.

Der EuGH hat in seinem „Svensson“-Urteil nicht nur zur Zulässigkeit von Hyperlinks Stellung genommen, sondern in Randziffer 29 des Urteils klargestellt, dass seine Feststellungen zur Zulässigkeit des Setzens von Links auch in solchen Fällen Anwendung finden würden, bei denen das Werk bei Anklicken des betreffenden Links durch die Internetnutzer auf der Seite erscheine, auf der sich der Link befinde, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstamme. Bei einem „framenden“ Link handelt es sich gerade um einen solchen, bei dem der Eindruck erweckt wird, das angezeigte beziehungsweise abgespielte Werk befinde sich auf der Webseite, auf der der Link ist. Es hätte daher der Vorlagefrage an den EuGH streng genommen nicht bedurft.

Die „BestWater“-Entscheidung des EuGH vom 21.10.2014, Rs. C-348/13

Daher verwundert es nicht, dass der EuGH in seiner „BestWater“-Entscheidung auf seine Ausführungen im „Svensson“-Urteil vom 13.02.2014 (Rs. C-466/12) Bezug nimmt. Er wiederholt, dass das Einbetten von urheberrechtlich geschützten Inhalten in eine fremde Webseite legal ist, vorausgesetzt, sie werden keinem neuen Publikum zur Verfügung gestellt und es wird keine neue Technik verwendet. Sofern und soweit das Werk auf der Webseite, auf die der Internetlink verweist, frei zugänglich ist, sei davon auszugehen, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.

Fazit

Die Entscheidung des EuGH überzeugt. Sie steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des EuGH und kommt der Netzfreiheit der Internetnutzer zugute. Dies gilt sowohl für Webseitenbetreiber als auch für Nutzer sozialer Netzwerke, die häufig framende Links auf ihren Profilseiten, zum Beispiel auf Facebook, einstellen. Da die Aussagen des EuGH auf alle urheberrechtlich geschützten Inhalte Anwendung finden, die im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurden, muss in den meisten Fällen beim Setzen eines Links keine Lizenz von den Urhebern mehr eingeholt werden. Entscheidend ist, ob die vom EuGH genannten Voraussetzungen vorliegen. Hierdurch wird zugunsten der Internetnutzer Rechtssicherheit geschaffen. Den Rechteinhabern steht es hingegen frei, audiovisuelle Inhalte im Internet nicht zugangsfrei zur Verfügung zu stellen.

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